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Nomenklatur der Dinosaurier



Gastbeitrag von Markus Peter Kretschmer,
Autor des Romans: "Die weißen Steine"

Facebookseite des Autors: Die weißen Steine
(Rezension zum Buch)



Gebt es zu: Der Name eines Dinosauriers klingt meist ziemlich ulkig. Viele lassen sich sogar kaum aussprechen; selbst ich bekomme bei Namen wie Opisthocoelicaudia skarzynskii oder Crittendenceratops krzyzanowskii (und ja, die gibt es wirklich!) einen Knoten in der Zunge. Aber woher bekommt ein Dinosaurier überhaupt seinen Namen? Wer denkt sich so einen Quatsch eigentlich aus, und wie und warum macht er das?



Von der Gattung "Tyrannosaurus" gibt es
die berühmteste Art mit Namen "rex".

Jeder Dinosaurier − und das gilt übrigens für jedes neuentdeckte Lebewesen! − bekommt bei seiner wissenschaftlichen Beschreibung immer einen Vor- und einen Nachnamen. Am bekanntesten unter den Dinos ist wahrscheinlich Tyrannosaurus rex, und auf die meisten Menschen trifft wohl zu, dass dies der einzige Dinosaurier ist, dessen vollständigen wissenschaftlichen Namen sie kennen. Der "Vorname" (Tyrannosaurus) wird immer großgeschrieben und ist der Name der Gattung, der "Nachname" (rex) wird dagegen kleingeschrieben und ist der Name der Art.


Von vielen Dinosauriern gibt es nämlich mehrere verschiedene Arten: Von der ebenfalls sehr bekannten Gattung Triceratops werden heute zum Beispiel zwei Arten geführt: Triceratops horridus und Triceratops prorsus, die sich durch den Bau ihres Schädels und anderer anatomischer Details voneinander unterscheiden.


Von der Gattung "Triceratops" gibt es zwei Arten: "horridus" und "prorsus".


Weil der Entdecker den Urwal Basilosaurus für eine Echse hielt, endet dessen Name nun auf "-saurus".

Wenn ein neuer Dinosaurier entdeckt wird, so hat immer derjenige das Recht, ihm einen Namen zu geben, wer ihn als erstes in einer wissenschaftlichen Arbeit beschreibt. Zum Aufstellen einer neuen Dinosaurier-Spezies reicht es schon aus, wenn man irgendwo einen einzigen Zahn oder einzelnen Knochen findet: Sofern sich dieser keiner bereits bekannten Gattung zuordnen lässt, darf der Paläontologe sich einen neuen Namen für seinen Fund ausdenken. Selbst wenn der Name nach weiteren Forschungen überhaupt keinen Sinn mehr ergibt, weil er zum Beispiel ein ganz anderes Tier beschreibt, behält ein Name aufgrund dieser Regel (Prioritätsregel nennt sich das!) seine Gültigkeit: So ist zum Beispiel Basilosaurus, den seine Erstbeschreiber für ein riesiges Reptil hielten, in Wirklichkeit ein ausgestorbener Urwal. Den Namen Basilosaurus ("Königsechse") hat der Wal aber trotzdem behalten müssen.


Wenn ein Dinosaurier benannt wird, so hat also immer der Name Gültigkeit, der als erster in einer wissenschaftlichen Arbeit verwendet wurde. Entdeckt ein anderer Paläontologe einen "neuen" Dinosaurier und es stellt sich heraus, dass die Knochen zu einer bereits bekannten Art gehören, so hat er leider Pech gehabt: Dann wird der neuere Name als ungültig gestrichen. Allerdings kann ein gestrichener Dinosauriername auch wieder eingeführt werden, wenn neue Forschungen herausfinden, dass es doch einige Unterschiede in der Anatomie gibt, die eine Trennung zweier Spezies rechtfertigen. Das ist zum Beispiel bei Brontosaurus passiert, der viele Jahre lang als ungültig angesehen und der Gattung Apatosaurus zugeschrieben wurde, aber im Jahr 2015 seine „Auferstehung“ feiern durfte, als man die Überreste ein weiteres Mal untersuchte.


Brontosaurus galt lange Zeit als ungültiges Taxon.
Seit 2015 ist der Name aber wieder rehabilietiert.


Zunächst galt der Carcharodontosaurus als Megalosaurus.

So kann ein einer bereits beschriebenen Art zugeordnetes Dinosaurierskelett auch viele Jahre nach seiner Entdeckung noch einen neuen, eigenen Namen erhalten − und das ist im Laufe der Geschichte der Dinosaurierforschung weitaus öfter passiert. Der riesige Fleischfresser Carcharodontosaurus war bei seiner Erstbeschreibung zum Beispiel noch ein Megalosaurus, Giraffatitan hieß früher noch Brachiosaurus (der Große im Berliner Naturkundemuseum), und auch der Deinonychus war früher einmal ein Velociraptor.


Die Anzahl der gültigen Dinosauriernamen schwankt immer recht stark. Eine genaue Zahl, wie viele es nun sind, kann man leider nicht nennen. Es kommen ja erstens immer wieder neue Namen hinzu, wenn neue Dinosaurier entdeckt werden, aber es werden auch immer wieder alte Namen als ungültig aussortiert, weil sie sich als deckungsgleich (synonym) mit anderen Namen erweisen. Deshalb kann man hier nur ungefähre Zahlen angeben: Es werden derzeit etwa 600 Dinosauriergattungen mit etwas mehr als 2000 Arten geführt. Und während ich das hier tippe, hat sich diese Zahl wahrscheinlich schon wieder geändert.

Wie bei jeder wissenschaftlichen Beschreibung von Lebewesen muss der Name eines Dinosauriers lateinisch deklinierbar sein. Viele Dinosauriernamen stammen aber auch aus dem Altgriechischen, da zu der Zeit, als die ersten Dinosaurier entdeckt wurden, viele Paläontologen das Griechische weit besser beherrschten als Latein. Das altgriechische Wort σαυρος (sauros, latinisiert zu saurus) bedeutet zum Beispiel "Echse" und ist Bestandteil von vielen Dinosauriernamen. Da heute viele Arten in China entdeckt werden, ist es auch beliebt, Dinosauriern chinesische Namen zu geben, wie etwa Mei, Guanlong, Yinlong oder Tianyulong. Die Endsilbe (Long) bedeutet "Drache". Und auch aus vielen anderen Sprachen werden heute gerne Wörter und Namen entlehnt, um neue Dinosaurier zu beschreiben.



Bambiraptor ist nach dem Titelhelden des Disney-Films "Bambi" benannt:
Ursprünglich war es nur der Spitzname des gefundenen Fossils, später floss der Name in die offizielle Beschreibung mit ein.

Die Namen können die verschiedensten Bedeutungen haben. Oft beschreiben sie ganz bestimmte äußerliche Merkmale des Tieres; so bedeutet "Triceratops horridus" übersetzt nichts anderes als "schreckliches Dreihorngesicht". In anderen Fällen ehrt man mit dem Namen gerne auch mal Orte oder Personen, wie zum Beispiel bei "Dakotaraptor", der sowohl nach seinem Fundort (South Dakota) als auch nach dem Volk der Dakota-Indianer benannt worden ist. Besonders bei den Artnamen findet man sehr oft die Namen von Personen, dort drücken die Beschreiber häufig einem geschätzten Kollegen, aber oft genug den Personen ihren Dank aus, die ihnen bei der Bergung eines Fossils geholfen oder die Ausgrabung finanziert haben. Bei Dakotaraptor wird mit dem Artnamen "steini" zum Beispiel der Paläontologe Walter W. Stein geehrt. Manchmal erlauben sich Paläontologen auch einen Scherz bei der Namensgebung: Manche Dinosaurier tragen witzige Namen wie Bambiraptor, Technosaurus oder Elvisaurus.


Hier noch eine Vokabelliste mit den häufigsten Bestandteilen aus Dinosauriernamen:
saurus − Echse
suchus − Krokodil
ornis, ornitho − Vogel
don, dens − Zahn
pus, pes, pod − Fuß
brachio − Arm
cephale − Kopf, Schädel
tops − Gesicht
rhino − Nase
lopho, lophus − Kamm
onyx, onycho − Kralle
cera − Horn
spinax, spino − Stachel
ptero, pteryx − Flügel
mono − eins, einmal
bi − zwei, zweimal
tri − drei, dreimal
diplo, duplex − doppelt
haplo − halb
raptor − Räuber, Dieb
venator − Jäger
para − neben
pro − vor, vorher
mega − groß
titan − riesig
nano − winzig
pachy − dick
coelo − hohl
stego − Dach
docus − Bogen
deino, dino − schrecklich
bronto − Donner
seismo − Erdbeben
carno, sarco − Fleisch
velox, veloci − schnell
mimus − Nachahmer
archaeo, palaeo − alt, uralt
neo − neu, jung
eo − früh (nach Eo, der griechischen Göttin der Morgenröte)


Teil II: Skurrile Sauriernamen

Letzte Aktualisierung: 2019



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