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zum Thema: "Bindeglied zwischen Vögel und Dinosauriern"


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Donnerstag, 26. April 2001, 22:55 Uhr
Gefiederter Raubsaurier entdeckt
(ExpeditionZone) - Schon seit Jahrzehnten streiten sich Paläontologen, wie Vögel und Dinosaurier evolutionär gesehen zueinander stehen. Kein Monat vergeht, in dem nicht ein neuer Saurier gefunden wird, der endlich das entscheidende Bindeglied zwischen den beiden Spezies sein könnte. Die Euphorie macht auch vor Schwindlern nicht halt, denn auf dem Fossilien-Schwarzmarkt werden hohe Beträge für derartige »Missing links« bezahlt.

Nächster Verwandter heutiger Vögel
Der berühmteste Fall geschah vor gut eineinhalb Jahren, als ausgefuchste Betrüger die Fossilien eines Vogels und eines »normalen« Sauriers zusammenstückelten und das regelrechte Artwork als DAS entscheidende Bindeglied verkauften.
Kurze Zeit später wurde der so genannte Archaeoraptor liaoningensis, benannt nach dem Fundort in der chinesischen Fossilenschatzkammer Liaoning, allerdings als Betrug aufgedeckt.
Jetzt allerdings berichten Forscher in der jüngsten Ausgabe des Fachmagazins Nature (26.04.01) von einem neuerlichen Sensationsfund, der tatsächlich endlich Vögel und Saurier verbinden könnte.
Ein Team chinesischer und amerikanischer Paläontologen entdeckte dabei ebenfalls in der Provinz Liaoning das vollständig erhaltene Fossil eines rund 130 Millionen Jahre alten Dinosauriers, der von Kopf bis Schwanz mit einem zarten Daunenflaum und primitiven Federn geschmückt ist.
Für die Forscher ist das der beste Beweis, dass die urzeitlichen Tiere bereits Federn zur Warmhaltung des Körpers entwickelten, bevor sie noch zum Fliegen eingesetzt wurden.
Die Forscher identifizierten das Fossil als so genannten Dromaeosaurier, einem kleinen, aber flinken Dinosaurier. Er ist ein naher Verwandter des Velociraptor und besitzt so wie er eine sichelförmige Kralle an der mittleren Zehe.
Beide Spezies zählen zur so genannten Gruppe der fortgeschrittenen Theropoden (Fleischfresser), zweifüßige Jäger mit Rasiermesser scharfen Zähnen und einem Knochenbau, der heutigen Vögeln ähnlich ist.
»Das Fossil verändert unsere Sichtweise über diese ausgestorbenen Tiere auf radikale Weise«, schreibt Dr. Mark Norell vom Amerikanischen Naturhistorischen Museum. »Es zeigt uns, dass die fortgeschrittenen Theropoden mehr komischen Vögeln geähnelt haben, als gewaltigen Echsen.«
Er gilt als einer der standhaftesten Vertreter der Theorie, dass Vögel von Dinosauriern abstammen und war an zahlreichen Untersuchungen solcher Funde beteiligt, etwa dem 1969 in Kirgistan gefundenen Longisquama insignis, einem 220 Millionen Jahre alten kleinen Reptil mit Federn.
Und tatsächlich, die Forscher beschreiben das Fossil des Dromaeosauriers als eine »große Ente«, mit einem langen Schwanz und einem zu groß geratenen Kopf (ein Zeichen, dass es sich um ein Jungtier handelt). Sowohl der Kopf als auch der Schwanz sind mit feinen Daunen bedeckt.

Große Ente mit langem Schwanz
Auf den Federflaum lassen die faserartigen Spuren im feinkörnigen Gestein schließen, in dem das Fossil eingebettet lag. Der übrige Teil des Körpers weist deutliche Spuren von größeren Federn auf. Sie sind zwar äußerst primitiv, ähneln aber in Ansätzen bereits den Federn heutiger Vögel.
Das alleine macht den Dromaeosaurier allerdings noch nicht zu einem gefeierten Fossil der Paläontologen. Es ist vielmehr dessen Vollständigkeit.
Seit dem Jahr 1995, als Forscher in Liaoning den ersten Saurier mit vermeintlichen Federn ausgegraben hatten, den so genannten Sinosauropteryx, folgte eine ganze Reihe von ähnlichen Entdeckungen. Doch alle hatten gemeinsam, dass ihnen große Teile des Skeletts fehlten.
Ihre Körperform war also vielmehr »erraten« als wissenschaftlich belegt. Kein Wunder also, dass sich Kritiker nicht hinter dem Berg hielten und den gefederten Dinosauriern die sprichwörtlichen Federn rupften.

Perfektes Fossil
Die beste Unterstützung bekamen die Kritiker aber durch den Archaeoraptor liaoingensis, dem eingangs erwähnten Kunstwerk findiger Fossilienbastler.
Auch wenn nicht alle entdeckten vogelähnlichen Fossilien gewollt »produziert« wurden, könnten sich doch die Knochen von Vögeln mit denen von Sauriern bei der Einlagerung in die Erdschichten vermischt haben, so die Befürchtung der Kritiker.
Doch der neu entdeckte Dromaeosaurier dürfte nicht in diese Kategorie fallen. Dieses Fossil weist solch feine Details auf, dass die Forscher sogar erkennen können, wo die Federn am Körper des Tieres befestigt waren. »Das ist das Tier, auf das wir so lange gewartet haben«, freut sich Forscher Ji Qiang von der Chinesischen Akademie für Geowissenschaften.
Und weil der entdeckte Dromaeosaurier deutlich primitiver als ein Vogel ist, macht der Fund deutlich, dass sich Federn noch vor der Fähigkeit zum Fliegen entwickelt haben. Vielmehr dürfte das Federkleid, wie beim Dromaeosaurier, die Aufgabe einer Daunenjacke übernommen und die Tiere warm gehalten haben.
»Heutige Vögel sind Warmblüter und ihr Federkleid spielt bei der Wärmung eine entscheidende Rolle«, erklärt Norell. »Die Vermutung liegt also nahe, dass diese Saurier die Federn zur gleichen Zeit entwickelt haben, als sie zu Warmblütern wurden. Wahrscheinlich haben sogar die Jungtiere größerer Saurier, wie die des T-Rex, ein Federkleid besessen um ihre Körpertemperatur zu halten.«
Zwar sind sich die Forscher noch nicht sicher, ob der entdeckte Dromaeosaurier eine völlig neue Spezies repräsentiert. Was sie aber wissen ist, dass dieses Fossil einige Gemeinsamkeiten mit zwei anderen Dromaeosauriern aufweist, die in der gleichen Region entdeckt wurden.
Einer davon ist der Sinornithosaurier, ein kleiner im Jahre 1999 entdeckter Fleischfresser. Der andere ist der so genannte Microraptor, der kleinste aller bekannten Theropoden. Er wurde erst im letzten Jahr entdeckt.
Es scheint also in zunehmenden Maße klar zu werden, dass kleine Theropoden tatsächlich die frühen Verwandten heutiger Vögel sind. Mehr als 100 entdeckte Gemeinsamkeiten im Knochenbau - darunter das charakteristische Brustgabelbein, die drehbaren Handgelenksknochen und drei nach vorne gerichteten Krallen - sind nur einige dieser anatomischen Gemeinsamkeiten.
Eines hat sich durch den neuerlichen Fund aber deutlich gezeigt: Der Dromaeosaurier dürfte der nächste aller urzeitlichen Verwandten heutiger Vögel sein.

Eine Schatzkammer an Fossilien
Ob Liaoning noch bessere Vertreter aus der Urzeit zu Tage fördern kann, wird sich weisen. Sicher ist allerdings, dass die Region eine wahre Schatztruhe für Paläontologen ist und mit drei anderen bedeutenden Fundstätten im argentinischen Patagonien, auf der Insel Madagaskar und der Hell Creek Formation im US-Bundesstaat Montana, gleichzusetzen ist.
Liaoning, und dort besonders die so genannte Yixian Formation, enthält vor allem Fossilien aus dem späten Jura, bis hinein in die frühe Kreidezeit (145 bis 120 Millionen Jahre). Zu dieser Zeit war die Region mit unzähligen Seen und Vulkanen übersät.
Beides trug zu den reichen Fossilgründen bei. Feine Vulkanasche regnete bei Ausbrüchen kontinuierlich in den See, und sobald ein Tier ins Wasser fiel, wurde es - ähnlich wie in Treibsand - schnell im Seegrund begraben. Dadurch wurde nur wenig bis kein Sauerstoff mit eingeschlossen und die Tiere konnten sich geradezu perfekt versteinern.
Heute finden Forscher in der Yixian Formation nicht nur Saurier, sondern auch alle möglichen Spezies an Insekten und Fischen. »Diese Fossilien haben die Art und Weise, wie wir über die damalige Zeit denken, völlig verändert«, so Ji Qiang.
(Quelle: yahoo!)