Re: Der fraktale Weihnachtsbaum


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Geschrieben von SophoSaurus am 12. Dezember 2000 22:01:56:

Als Antwort auf: Der fraktale Weihnachtsbaum geschrieben von Daniel-2 am 12. Dezember 2000 09:16:38:

>(...snip-snap...)
>>>>Erklärung: (...snip...)
>>Nicht snippen, bitte :-)

dachte, Du snipst schnippisch mitten Fingern :-)

>Der Rest hat sich weitestgehend geklärt, ich wollte nur ausschließen, dass man mit "Zyklen" und "Rekursionen" in der Evolution so etwas wie Vorhersagbarkeit verbindet.

Verstehe! Im Sinne prophetischer Evolution: "Mutter Natur plant kalkulierte Bögen, oder wo wir hinsollen" Da kriege ich immer nen Horror.

Das Wort hat ja noch 'ne andere Bedeutung in der Beurteilung von
Aussagebedeutungen und Meßreihen. Ich versuch's mal darzustellen.

System eins: 1 Kubikmeter Raum, 2 Teilchen, eines davon ich.
Ich fliege also als Teilchen vor mich hin. Das kann ich relativ gesehen
lange machen. Nix passiert. Beobachtungszeitraum 1 mm.
Ich gucke, nix passiert. Könnte sich 1000 mal wiederholen.
Bei alternativen Anordnungen wird der Mittelwert einer Begegnung
sich auf: "nach 500 Zyklen" einpendeln.
Fazit: Häufigkeit niedrig, Homogenität hoch, Wahrscheinlichkeit niedrig, Aussagewert hoch. Es passiert wenig, wenn es passiert, sagt es aber viel
und die Anzahl der Alternativen ist zunächst scheinbar klein (immer wieder nix)
nach dem Ereignis der Begegnung aber extrem hoch im Sinne der möglichen
Begegnungskoordinaten.

System zwei: 1 Kubikmeter Raum, 100 Millionen Teilchen, eines davon ich.
Ich fliege als Teilchen vor mich hin. Kaum habe ich begonnen, passiert eine Begegnung (nach 10 mm) Ich fliege weiter, die nächste, usw. usf.
Der Mittelwert liegt bei 10 mm und so habe ich eine relativ häufige
Begegnung, die sich relativ regelmäßig wiederholt.
Fazit: Die weit höhere Wahrscheinlichkeit einer Begegnung hat damit zu tun,
daß der Homogenmitätsbruch, den ein Teilchen im ersten System darstellt,
im zweiten System weit weniger ausgeprägt ist. Die Wahrscheinlichkeit des
Ereignisses (vor allem als Wahrnehmung oder Messung gesehen) ist so hoch,
daß dem Auftreten des Ereignisses kaum ein Aussagewert innewohnt.
Die Zahl der Alternativen ist nach der Präzisierung weit kleiner,
als im ersten System, da dort die Koordinaten eine absolute Basisreferenz
zum gesamten System haben. Im zweiten hingegen ist die Frage der Berechenbarkeit einer Begegnung und damit die Präzision der Koordinaten
bedingt durch die zyklische Wiederkehr auf 10 mm3 geschrumpft.
Wo ich alle 10mm eine Begegnung habe, ist die relative Referenz der Koordinaten anders und ich habe eine der Aussage: Teilchen befindet sich da und da,
gegenüberstehende Unsicherheit der Voraussage, von eben nur 10 mm.

So gesehen ist Wahrscheinlichkeit synonym für Vorhersagbarkeit, die der
Homogenität des Systems entspricht. Ich habe eine relative Beziehung zwischen
Informationsgehalt eines Ereignisses und seiner Wahrscheinlichkeit.
Information ist danach umgekehrt proportional Wahrscheinlichkeit.

Die Beschreibung des Zusammenhangs geht auf Shannon zurück. Lange her.
Im Augenblick wird der regelrecht wiederentdeckt, weil man die Universalität
unterschätzte, mit der sich diese Beziehung praktisch anwenden läßt.

>>Genaugenommen ist die Struktur dreidimensional, nur daß man zwecks Aha-Effekt
>>gern in Farben umsetzt, statt in Höhen, wie es richtiger ist.
>"man"? Ich hab in guten alten C64-Tagen das Ding in "3D" dargestellt. Und zwar deswegen, weil ich den Aha-Effekt dabei viel eher sehe. Die "Unendlichkeit" musste ich aber auf 128 oder 256 Iterationen (weiß nicht mehr so genau) begrenzen, und besonders viel Zoomen konnte man auch nicht - für einen kleineren Ausschnitt lief das Programm ein ganzes Wochenende...

'man' meint Stern Spiegel und co. oder Farbposter.
Bei denen geht der Zusammenhang mit den Häufigkeiten ziemlich verloren
So lange ist's bei mir auch schon her.

>Ich habe auch deswegen etwas zu dem Küste/Fraktal-Vergleich gesagt (geschrieben), weil ich denke, dass es in der Natur viel näherliegende Fraktale gibt. Die Küste ist immer ein gern zitiertes Beispiel, aber das auch nur, weil viele Computerlandschaften mit hilfe von Fraktalen erzeugt werden. Na gut, auch weil je nach Küstentyp gewisse Selbstähnlichkeiten in verschiedenen "Vergrößerungen" vorhanden sind, aber "fraktale Symmetrien" oder ein Grundmuster sucht man vergeblich.

Es gab ganz unterschiedliche Modelle, leider finde ich meine alten Literaturbündel nicht auf die Schnelle. Manche brachten Verteilungen hervor,
die an Bakterien auf dem Objektträger erinnerten.

> Aber ein Fraktal, das jeder kennt, wäre doch auch der Farn (bzw. sein Blatt). Und nicht nur weil Farne als urtümliche Pflanzen gelten hätten sie in diesen Zusammenhang gepasst. Denn die Evolution wird ja z.B. gerne mit einem Baum ("Stammbaum") verglichen. Dieser gehorcht in seinem Wachstum auch einem fraktalen Grundmuster, das aber meist nicht ausgeprägt werden kann, da äußere Einflüsse dies verhindern - wie in der Evolution. Ein Vergleich, den auch Gould gerne selber bemüht, indem er seine Sicht der Evolution eher als Büsche beschreibt (im Sinne von: eher in die Breite, als nach Höhe strebend), auch wenn dieser Vergleich ähnlich hinkt...

Farne stimmt schon. In der Chaostheorie konzentriert man sich natürlich eher
auf Phänomene, bei denen eine einfachere Erklärung nicht so naheliegend ist.
Ein Farn kann ja durchaus durch PCM-codierte Wachstumsschübe gebildet werden.
Dann hätte man wieder ein rein lineares Modell, weil dabei keine Rekursion
stattfindet. (obgleich die Wachstumssteuerung die entsprechenden Signale einer
Rekursion folgend bildet) Bei Farnen riskiert man in der Diskussion eine
regelrechte Wand, weil sich jeder vorstellt, wie das Wachstum durch unterschiedliche Geschwindigkeiten diese Form hervorbringt. Mit mathematischen
Theorien steht man dann schnell mal als Spinner da.

Der Gedanke der Breitentendenz ist ja auch vor allem dann interessant,
wenn man sich mit den Vorgängen beschäftigt, die sich abspielen, während
eine Art noch realativ homogene Attribute zeigt.
Die Mendelschen Beobachtungen sind ja bis heute ungeklärt(soweit ich weiß), insofern noch offen ist, wo die vorübergehend nicht dominanten Merkmale stecken und wie die Ausbildung des Schemas sich steuert.

>Gruß,
>Daniel

Gruß auch
SophoSaurus




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