Zanclondon-Problem


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Geschrieben von Norbert am 01. Februar 2003 13:11:36:

Als Antwort auf: Zanclodon? geschrieben von Norbert am 31. Januar 2003 14:11:41:

Soeben habe ich eine E-mail von einem Paläontologen aus Stuttgart bekommen, der schreibt zu dem Problem:

"Das Zanclodon-Problem, das Sie beschäftigt, ist wirklich vielschichtig. Der Gattungsname Zanclodon wurde im vorletzten Jahrhundert für Zähne und bezahnte Kieferreste vergeben, die die typischen carnivoren Sichelzähne mit Sägekanten aufweisen. Dabei wurden die Begriffe "Sichelzahn" und "Sägekanten" sehr weitläufig interpretiert, so dass auch Zähne von Sellosaurus und Plateosaurus darunter zusammengefasst wurden. So wurde aus der Gattung Zanclodon eher eine Morphogattung, wie das z. B. noch heute bei karbonischen Farnresten gang und gäbe ist, d. h. man fasste Zähne, die selbst nach damaligem Wissen wahrscheinlich sehr unterschiedlichen Gattungen angehörten, in einer Formgattung zusammen, um sie mangels Skelettfunden immerhin taxonomisch ansprechen zu können.

Sehr bald entfernte man die Plateosaurierzähne wieder aus dieser Morphogattung und beschränkte sie auf carnivore Reptilien, darunter eben auch Teratosaurus.
Die Gattung Zanclodon ist heute ausschließlich auf Rauisuchier beschränkt. Die davon abgetrennte Gattung Teratosaurus bezeichnet heutzutage ein Reptil unsicherer systematischer Stellung, das von einigen Autoren als "gewöhnlicher" Rauisuchier, von anderen als den Rauisuchiern nahestehendem Vorfahr der carnivoren Dinosaurier angesehen wird.

Zu der ganzen Verwirrung hat sicher auch über lange Zeit das Fehlen brauchbarer Bestimmungsliteratur geführt; selbst jetzt noch greife ich mangels neuerer Werke in großen Teilen bei der Bestimmung auf "Die Lebewelt unserer Trias" von Martin Schmidt zurück, einem Buch, das immerhin schon fast 80 Jahre alt ist und erst vor ein paar Jahren eine komplette Neubearbeitung erfahren hat. Aber viele Autoren (Kuhn, Haubold) haben in der Vergangenheit wiederum ungeprüft Gattungsnamen und Abbildungen von Schmidt übernommen, dann teilweise modifiziert usf., so dass "Zanclodon" in vielen unterschiedlichen Werken eine sehr unterschiedliche Bedeutung erlangte.

Offiziell sind keine zusammenhängenden Funde von Teratosaurus bekannt, ich hatte jedoch Gelegenheit, in einer Privatsammlung ein verdriftetes und daher nicht im ursprünglichen Verband erhaltenes Skelett näher zu betrachten. Es stammt aus derselben Schicht im Lettenkeuper wie die Kupferzeller Funde. Mein Eindruck war, dass es sich um ein recht großes Tier handelt, das nicht so plump wie die Rauisuchier daherkam. Es weist wie Ihr Zahn ca. 4-5 cm Zahnlänge auf.

Jüngst wurden aus dem unteren Lettenkeuper Polens Funde sehr früher carnivorer Dinosaurier bekannt, daher wird in Zukunft sicher noch einiges über deren stammesgeschichtliche Anfänge umgeschrieben werden müssen."

Interessant, nicht?!

Gruß
Norbert





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