Plesiosaurier in Loch Ness?


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Geschrieben von Peter Palzer am 26. Januar 2005 08:31:40:

Loch Ness - der 67-jährige Pensionist Gerald McSorley aus Stirling geht am Strand des wohl berühmtesten Sees von Schottland spazieren, watet im Knie-tiefen Wasser umher, stolpert über etwas und strauchelt.

Den Sturz mit den Händen abfangend, hockt er einen Augenblick im Wasser und sieht wenige Zentimeter vor ihm etwas ungewöhnliches am Teichgrund. Er greift danach, nimmt es mit ans Ufer und schabt an einigen Stellen den dicken Algenbelag ab.

Zum Vorschein kommt die Struktur eines Knochens. Wie sich kurze Zeit später herausstellt, ein Stück einer außergewöhnlichen dicken Wirbelsäule, eingebettet in grauem Kalkstein.

Um näheres herauszufinden, bringt er seinen Fund ins Nationalmuseum von Schottland, wo Kurator Lyall Anderson ebenso überrascht, wie zweifelsfrei feststellt, dass es sich um vier gut erhaltene Rückenwirbel eines Plesiosaurus handelt, der vor etwa 150 Millionen Jahren den Ur-Ozean durchstreifte.

Und nicht nur das, im Kalkstein, der zwar von im Salzwasser lebenden Mikroorgansimen des Urmeeres zerfressen und erodiert ist, zeichnen sich selbst einige Blutgefäße des räuberischen Meeresbewohners ab, der wohl über 10 Meter lang gewesen muss.

McSorley war über eine Sensation gestolpert - so zumindest die bekannte Version der Geschichte.

Doch dass der Fund gerade in Loch Ness gemacht wurde - und alle "Monster-gläubigen Fans" nun zumindest einen realen Urahnen Nessies gefunden glauben - sowie die mehr als spärlichen Fakten, veranlassten uns, etwas näher nachzuforschen.

Ist der Urahne Nessie's eine "Ente"?

In den National Museums of Scotland wusste die Pressechefin Susan Gray auch nicht sehr viel zur Sache:

ExpeditionZone (EZ):
"Wieso gibt es so wenig Informationen rund um Zeitpunkt und Ort des Fundes und das Fossil selbst? Wurden konkrete Datierungen durchgeführt - und was halten sie von 'Nessies Urahnen'?"

Susan Gray:
"Dass Dr. Anderson die uns gebrachten Fossilien aufgrund des Aussehens und anatomischer Vergleiche als zu einem Plesiosaurus gehörig einstufen konnte, kann ich bestätigen, ebenso wie die Spuren urzeitlicher Meeresmikroben. Von weiteren gemachten oder geplanten Untersuchungen oder konkreten Datierungen weiß ich nichts. Wir kennen weder den Fundort, noch die Begleitumstände des Fundes."

"Eine Querverbindung zu Nessie zu ziehen, ist wohl nur dem Bestreben um ein besseres Medienecho zuzuschreiben. Loch Ness bildete sich frühestens vor rund 2 Millionen Jahren, als sich das Meer zurückgezogen hatte, der Plesiosaurus starb also mindestens 145 Millionen Jahre früher am damaligen Meeresboden."

EZ:
"Der Fund muss - laut ihrem Wissensstand - also nicht unbedingt aus Loch Ness stammen - und selbst wenn die Wirbelsäulenfragmente am Ufer gefunden wurden, ist es nicht eigenartig, dass sie 'lose herumlagen' und nicht in massivem Fels eingeschlossen waren? Könnte es nicht sein, dass die Fossilien dort einfach nur 'hingelegt' wurden, um der versiegenden Nessie-Saga wieder ein wenig auf die Sprünge zu helfen?"

Susan Gray:
"Dass das Fossil als einzelnes Stück am Seegrund lag, ist auch mein Wissenstand, zu den anderen Dingen kann ich aber nichts sagen, ich bin nur für die Presse zuständig, das müssen Wissenschaftler klären. Der Einzige, der ihnen dazu mehr sagen kann, ist Mr. George Mair, der mit dem Finder in Kontakt steht und mit ihm auch am Fundort war."

George Mair, nach eigenen Angaben freier Journalist für die Central Scotland News Agency, hörte von McSorleys Fund und traf sich als erster (bislang wohl auch als einziger) Medienvertreter mit ihm, um die Sache publik zu machen:

EZ:
"Sie haben mit Gerald McSorley gesprochen, Fossil und Fundort gesehen. Dass es sich tatsächlich um Überreste eines Plesiosauriers handelt, steht inzwischen ja fest - aber Ist ihnen angesichts des erstaunlich guten Zustandes nicht auch in den Sinn gekommen, dass die Fossilien vielleicht gar nicht von dort stammen oder vielleicht einfach nur 'deponiert' wurden?"

George Mair:
"Ersteres ist richtig, ich habe die Sache ins Rollen gebracht. Das Fundstück ist da und ich hatte nie Zweifel an den Erzählungen Mr. McSorleys. Der Mann ist sicher kein Schwindler und ich bin davon überzeugt, dass er den Fund tatsächlich wie beschrieben gemacht hat. Dass die Fossilien vielleicht aber schon zu einem früheren Zeitpunkt (in Anspielung auf den starken Algenbewuchs auf den Knochen) im See platziert wurden, kann ich nicht ausschließen."

EZ:
"Welche nächsten Schritte sind denn nun geplant, wird jemand genauere Untersuchungen des Fossils und des Fundortes machen, um diese Zweifel auszuräumen und sollte der Fundort nicht nach den restlichen Teilen des Plesiosaurus abgesucht werden?"

George Mair:
"Noch ist nichts konkretes geplant. Ich habe schon versucht, mit Adrian Shine vom 'Loch Ness Project' in Drumnadrochit in Verbindung zu treten. Mit seinem Wissen um die Geschichte von Loch Ness wäre er wohl der Richtige für weitere Untersuchungen."

(Adrian Shine, der die Sache inzwischen aus der Zeitung erfahren hat, glaubt laut jüngsten Medienberichten allerdings auch an einen Originalfundort im Salzwasser.)

Nähere Informationen über den genauen Fundort waren Mair nicht zu entlocken - verständlich, denn sollte dort tatsächlich noch etwas zu finden sein, würde es vermutlich binnen weniger Stunden zum Opfer von Raubgräbern werden.

Doch egal, ob sich der Fund als echt oder als paläontologische 'Ente' herausstellen wird, der Nessie-Mythos vom angeblich noch immer umherspukenden Ungeheuer, der in den letzten Jahren durch mehrere völlig ergebnislose High-Tech Suchmaßnahmen nur mehr schwach flackerte, hat jedenfalls neue Nahrung bekommen.

Denn die Monster-Fans waren schon immer der Meinung, dass Plesiosaurier beim Sinken des Meeresspiegels im Talkessel von Loch Ness eingesperrt wurden und ein Nachkomme bis heute überlebt haben könnte - ganz egal, wie unmöglich dies aus Sicht der Wissenschaft auch scheint.





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