23. Februar 2022

Erkenntnisse aus der Tanis-Fossilienstätte: Der Chicxulub-Meteorit traf die Erde im Frühling


Die Fundstätte Tanis in North Dakota (USA), die vor drei Jahren der Öffentlichkeit präsentiert wurde und die als Massengrab unmittelbar mit dem Meteoriteneinschfag vor 66 Millionen Jahren in Verbindung steht, birgt unerwartete Funde, die zu weitreichenden Erkenntnissen führen.

Unter anderem wurde nun bekannt, dass die Forscher inzwischen davon ausgehen, dass der Chicxulub-Meteorit, der damals für die Auslöschung rund 75 Prozent allen Lebens verantwortlich gemacht wird, im Frühling der Nordhalbkugel auf die Erde prallte.

Dies schließen sie aus den Wachstumsringen in den Gräten der fossilen Fische, welche in Tanis gefunden wurden und welche makellos erhalten blieben. Durch die Tsunami-Wellen, die der Einschlag auslöste, wurden die an Land geschleuderten Fische (und andere Tiere und auch Pflanzen) so schnell mit Sediment bedeckt und luftdicht abgeschlossen, dass viele Kadaver keinen großartigen geochemischen Prozessen unterworfen waren und sich so selbst Weichteile erhalten haben. Die Glaskügelchen, die auf beim Aufprall geschmolzenes und anschließendes wieder verhärtetes Gestein zurückgehen und die bei diesen Fischen ausschließlich in den Kiemen und nicht im Magen gefunden wurden, konnten auf ein Alter von 66 Millionen Jahren datiert werden. Daher gehen die Forscher davon aus, dass die Fische rund eine halbe Stunde nach dem Einschlag verendeten.

In den Dünnschliffen der Flossengräten dieser Fische zeigt sich, dass sich die Ringe im Frühling verdichteten, im Sommer kräftig wuchsen und sich dann im Herbst und Winter wieder verjüngten. Sie stoppen abrupt während der Verdichtung.

Auch die Analyse der stabilen Kohlenstoffisotopen weist auf die frühe Jahreszeit hin. So nahmen die Fische im Frühjahr, wenn das Zooplankton, das reich an Kohlenstoff-13 ist, zu wachsen begann, mehr von dieser Nahrung zu sich und reicherten so das Skelett mit den schwereren 13C-Kohlenstoffisotopen an. Die Analyse ergab, dass das Skelett zwar schon mehr dieser Isotope aufwies, aber noch nicht den Höhepunkt erreicht hatte, was wahrscheinlich im Sommer gewesen wäre.

Schon im Dezember des letzten Jahres kam eine weitere Studie zu ähnlichen Ergebnissen − allerdings wurde der Einschlag in dieser Studie auf Mai/Juni vor 66 Millionen Jahren datiert. So wurden in Tanis auch Insektenlarven bzw. deren Fraßspuren an Blättern gefunden, die typisch für Frühjahr-Aktivitäten sind, sowie adulte Eintagsfliegen, die nur im Frühjahr/Sommer auftreten. Zudem konnte bei in Wyoming gefunden Wasserpflanzen nachgewiesen werden, dass mitten im Wachstum und Ausbilden der Sommerblätter, Blüten und Früchte der See, in dem sie lebten, zugefroren war.

Gerade für die Natur der Nordhalbkugel war daher der Einschlag verheerend, da die Tiere aus ihren Überwinterungshöhlen gekrochen waren, sich auf Nestbau und Vermehrung eingestellt und ihre zugelegten Energievorräte im Winter aufgebraucht hatten. Auch die Pflanzen begannen gerade erst den neuen Lebenszyklus, waren vielleicht gerade erst aus der Erde geschlüpften und bereiteten sich aufs Wachsen und Gedeihen vor.

Auf der Südhalbkugel hingegen stellten sich die Tiere auf den Winter ein und hatten sich eventuell Winterspeck angefressen, Nahrungsdepots angelegt und womöglich schon zum Schlafen in Erdhöhlen zurückgezogen. Auch die Pflanzen hatten sich auf die dunklere Jahreszeit eingestellt, so dass deren Samen bis zum erwarteten kommenden Frühjahr im Boden schlummerten.

Somit werden die ersten Auswirkungen des Meteoriteneinschlags die Nordhalbkugel wahrscheinlich schlimmer getroffen haben als die Südhalbkugel. Die späteren Auswirkungen − die Jahre andauernde Verdunklung und Abkühlung der Erde − wird auch die Natur der Südhalbkugel beeinträchtigt haben, allerdings gibt es Anzeichen dafür, dass sich die Natur auf der Südhalbkugel schneller von dem Meteoriteneinschlag erholte als die Nordhalbkugel.

Diese Befunde faszinieren auch den Paläontolgen Kenneth Lacovara von der Rowan University. Er meint: "Es ist erstaunlich, dass dies ein Ereignis ist, das vor 66 Millionen Jahren stattfand, und wir sprechen über die Jahreszeit."



weitere Informationen unter:

Dezember 2021:
  • scinexx:
    Dinosaurier: Der Tod kam im Frühling
  • Phys.org (engl.):
    Fish bones and water lilies help pin down the month the dinosaurs died
  • nature (Originalstudie - engl.):
    Seasonal calibration of the end-cretaceous Chicxulub impact event

  • Februar 2022:
  • Bild der Wissenschaft:
    Jahreszeit des Asteroideneinschlags bestimmt
  • LiveScience (engl.):
    'Frozen in place' fossils reveal dinosaur-killing asteroid struck in spring
  • Smithsonian Magazine (engl.):
    Asteroid That Decimated the Dinosaurs Struck in Spring
  • Science (engl.):
    Springtime was the season the dinosaurs died, ancient fish fossils suggest
  • SciTechDaily (engl.):
    The Last Day of the Dinosaurs: New Details on Devastating Asteroid That Hit Earth
  • nature (Originalstudie - engl.):
    The Mesozoic terminated in boreal spring



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